viktorianisches England

viktorianisches England
viktorianisches England
 
Großbritannien war in der Mitte des 19. Jahrhunderts die führende Weltmacht. Während überall in Europa der politische Liberalismus nach den Revolutionsjahren 1848/49 schwere Rückschläge hinnehmen musste, trat von Großbritannien aus der Wirtschaftsliberalismus seinen Siegeszug an. Mit dem Übergang zum uneingeschränkten Freihandel setzte die britische Nation ihren wirtschaftlichen Aufstieg zur bedeutendsten Handelsmacht der Welt fort. Ihre Vorrangstellung erlangte sie mit einer überlegenen und vorerst noch nahezu konkurrenzlosen Technologie, mit einer liberalen Sozialstruktur, mit ausreichenden Kapitalreserven und der Verfügungsgewalt über weltweite Exportmärkte.
 
Königin Viktoria (1819-1901), seit 1837 auf dem britischen Thron, wurde in einer langen und weitgehend friedlichen Regierungszeit zum Symbol für die Nation und das Empire in dem später nach ihr benannten Zeitalter. Aus den vorwiegend von der Aristokratie geprägten exklusiven Parteigruppierungen der Liberalen und der Konservativen (Tories) entwickelten sich nach der zweiten Wahlrechtsreform von 1867 moderne Parteien als Massenorganisationen; die Zweiparteientradition setzte sich fort. Die beiden Parteiführer, der Liberale William E. Gladstone und der Konservative Benjamin Disraeli, die in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts abwechselnd als Premierminister die Regierungsgeschäfte leiteten, wurden zu Schlüsselfiguren der britischen Politik.
 
Disraeli (1804-81) war Premierminister 1868 und von 1874 bis 1880; er eröffnete die Politik des Imperialismus mit der Absicherung des britischen Seeweges nach Indien. Das britische Interesse an dem neuen Schifffahrtsweg durch den Sueskanal bekundete er mit dem Ankauf ägyptischer Suesaktien 1875. Die Annahme des Titels »Kaiserin von Indien« durch die britische Königin Viktoria ab 1877 sollte die enge Verflechtung des Mutterlandes mit der südasiatischen Kolonie dokumentieren. Dem Erwerb Zyperns 1878 folgte 1882 die Inbesitznahme Ägyptens. Diese letzte militärische Aktion erfolgte bereits unter der Regierung Gladstone.
 
Der den Ideen der Freiheit und der christlichen Humanität verbundene Gladstone (1809-1898) musste in seiner Regierungszeit herbe Rückschläge in der Kolonialpolitik hinnehmen, die schließlich auch seinen Sturz zur Folge hatten. Er setzte aber in der Innenpolitik mit der dritten Wahlrechtsreform 1884 den Weg zur weiteren Demokratisierung des Landes fort. Ferner leitete er den welthistorisch bedeutsamen Prozess der Föderalisierung des Empires ein, beginnend 1867 mit Kanada, der im weiteren Verlauf zur Umwandlung in ein Commonwealth führte. Am Ende des Jahrhunderts, am Ende der viktorianischen Ära, war das britische Empire das größte Kolonialreich der Welt.

Universal-Lexikon. 2012.

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